„Mit Perlmutt und Bein die alte Kommode auffrischen‟

FR, | Birgit Titze

Restauratorin Barbara Naumburg will bei ihrer Arbeit den Charakter eines Möbelstückes erhalten 
    
Omas Erbstück mit feinen Holzintarsien scheint einiges wert zu sein. Leider hat die alte Dame das Innenleben der Kommode mit selbstklebender Folie verunstaltet und auch die Originalschubladen sind spurlos verschwunden. Doch zum Wegwerfen zu schade. Was nun? Zum Beispiel Barbara Naumburg anrufen, sie bitten, vorbeizukommen, um das Möbelstück und die anstehenden Arbeitsgänge von Restaurierung, Reparatur und in diesem Fall Rekonstruktion zu schätzen. „Jedes Original erzählt eine Geschichte“, so Barbara Naumburg. Das Credo der Tischlermeisterin und Restauratorin ist es, die antiken Möbelstücke so zu konservieren und zu restaurieren, dass nicht nur das Original, sondern auch seine Geschichte unverfälscht erhalten bleibt. Die 41-Jährige, die auch Referentin in der Restauratorenausbildung für Tischler in Fulda und Görlitz ist, möchte nach der Restaurierung keine Hochglanzprodukte vorweisen. „Der Charakter eines Möbelstückes soll erhalten bleiben, Patina und Gebrauchsspurengehören dazu.“ Diese Art der werterhaltenden Restaurierung erfordert neben Material- und Handwerks-Know-How auch genaue historische Kenntnisse. „Ich kann beispielsweise nicht mit Hochglanzlacken arbeiten, wenn das in dieser Epoche bei den Möbelstücken nicht üblich war“, erklärt die Fachfrau.
 
Vergebens sucht man in der kleinen und blitzsauberen Werkstatt nach modernen Klebemitteln, Plastikmasse und Klebepistolen. Statt dessen hängen dort Werkzeuge aus dem 19. Jahrhundert, stehen kleine Fläschchen auf den Konsolen, in die nur pure Natur hineinkommt: Fisch-, Knochen- und Hautleim sowie diverse Öle und Politurharze. Die Substanzen entsprechen den Herstellungs- und Verarbeitungsmitteln der jeweiligen Möbelepoche.
 
Manchmal ist die Reproduktion einzelner Teile unumgänglich, doch die Eingriffe und Veränderungen sollen so gering wie möglich gehalten werden. Die „Ersatzteile“ bestehen wenn möglich aus historischen Materialien wie Sägefurnier, Perlmutt und Bein (Oberschenkelknochen von Rindern).
 
Die oftmals filigranen Arbeitsmethoden kommen Barbara Naumburg und ihren zwei Gesellen sehr zu pass. „Ich tüftele gerne“, unterstreicht die Möbelrestauratorin, die bei den feinen Reparaturarbeiten auch schon mal zu Zahnarztbohrer und Spritze greift. Rund 80 Mark kostet die Arbeitstunde wenn sich Naumburg und ihr Team dem werterhaltenden „Aufmöbeln“ in streng klassischen Sinne widmen. Vorwiegend Holzmöbel und Holzobjekte aus dem 16. , 17., 18. und 19 Jahrhundert werden in der kleinen Werkstatt im Frankfurter Stadtteil Bockenheim hergerichtet. Doch auch außergewöhnliche Aufträge wie die Restaurierung antiker Einbaumöbel einer Jugendstilvilla, der Holzverkleidung eines Jaguars und eines Satzes Puppenmöbel aus dem Biedermeier gab es schon.
 
Zu den kniffligsten Restaurierungen der Werkstatt zählte die Arbeit an einer 1,70 Meter hohen Wanduhr in Boulle-Manier aus der Zeit Napoleon III. Hier galt es, die oxidierten und stark verschmutzten Zierteile aus Messing, Schildpatt und Fichtenholz zu reinigen und teilweise zu ersetzen. 230 Stunden waren für die Herkulesarbeit notwendig. Ein Einsatz, der sich angesichts des Wertes aber durchaus rechnen könne. Zum besonderen Service der Werkstatt zählen Arbeitsprotokolle und Dokumentationen, die Konstruktionen, Beschaffenheit, Substanz, Ziel der Restaurierung und die einzelnen Arbeitsschritte festhalten. So ist es nicht verwunderlich, dass zum Kundenkreis der Expertin neben privaten Auftraggebern auch Museen zählen.

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