„Alte Möbel sind nun mal keine HI-FI-Türme‟

Oberhessische Zeitung, | Anja Kierblewski

Seminar der DenkmalAkademie: Möbelrestauration für Laien - Biedermeiermöbel sind geprägt von Funktionalität und schlichter Ästhetik
 
ROMROD (r). „Liegen die Möbel richtig in der Sonne, dann können Sie gleich am Montag anfangen, sie restaurieren zu lassen“, so der erste Hinweis von Barbara Naumburg zum richtigen Umgang mit Antiquitäten. Grund: Viele Teilnehmer des Seminars „Biedermeiermöbel - Pflege und Erhalten„ hatten eigene Möbelstücke mitgebracht und diese zunächst im Auto gelassen. Unter den 16 Teilnehmern des Seminars der DenkmalAkademie im Schloss Romrod waren vor allem Besitzer von Biedermeiermöbeln oder solche, die über die Anschaffung eines solchen Möbels nachdachten.
 
Als Einstieg in die Materie bot die TischIerrneisterin und Möbelrestauratorin einen Überblick über die Entwicklung der Möbelbaukunst bis zum Biedermeier. In aussagekräftigen Dias beeindruckte die gebürtige Frankfurterin die Teilnehmer mit hoch entwickelten Möbeln aus der Antike, der Ägypter, Griechen und Römern oder prunkvollen höfischen Barockmöbeln.
 
Um die Technik des Möbelbaus im Biedermeier, Materialien, Möbeltypen und regionale Unterschiede ging es anschließend. Bei der Furniertechnik, die im Biedermeier eine Blüte erreichte, konnten die Teilnehmer das Erzählte begreifen: Säge- und Messerfurniere unterschiedlicher Holzarten wurden durchgereicht. Auch Leim und Schellackprodukte, die für die Politur eingesetzt werden sowie Möbelteile, Bezugstoffe und ähnliches wurden von den Besuchern in Augenschein genommen und viele Fragen gestellt.
 
Mit Secrétaire, Kommode, Vitrine, Sofa, Tisch und Stuhl stellte die Dozentin die wichtigsten Möbeltypen des Biedermeier in ihren verschiedenen regionalen Ausprägungen vor: von strengen norddeutschen Formen bis hin zu den ausgefallenen Stücken aus Wien. Auch eher ungewöhnliche Stücke wie Spucknäpfe wurden gezeigt.
 
Nach einer Führung durch Schloss Romrod ging es am Nachmittag mit der Werteinschätzung von Biedermeiermöbeln weiter, die heutzutage zu den begehrtesten Antiquitäten zählen. Mit „Funktionalität und schlichter Ästhetik“ benannte Barbara Naumburg wichtige Gründe für die andauernde Beliebtheit seit den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts und behauptete, die Preise würden weiter steigen. So kann ein Wiener Secrétaire in Lyraform schon mal 280 000 Euro kosten. Das Sammeln von Antiquitäten verglich sie mit Aktienspekulationen und gab Tipps: „Sammeln Sie gegen den Trend, irgendwann ist Ihr Gebiet dran und dann sind Sie ganz weit vorne.“
 
Natürlich erfuhren die Teilnehmer auch, wie sie Fälschungen entlarven und den Wert von Originalmöbeln erkennen können. Welche Qualität hat die handwerkliche Ausführung, wie viel vom Material ist überhaupt noch original? „Viele Möbel haben durch zu kommerzielles Denken an Wert verloren“, erklärte Barbara Naumburg den Teilnehmern. Die Möbel sollten wieder wie neu aussehen und wurden dabei kaputt restauriert, oder sie wurden modernen Bedürfnissen und Trends angepasst. „Konservierung geht vor Restaurierung“, lautete der erste Grundsatz, den sie den Teilnehmern zur Werterhaltung von Antiquitäten vermittelte.
 
Zunächst geht es natürlich darum, wie man eine Antiquität vor allem durch richtige Standortwahl vor Schäden durch falsche Temperatur, Luftfeuchtigkeit und zu starken Lichteinfall bewahrt. Es sollte nur restauriert werden wenn unbedingt nötig und so schonend wie möglich. Barbara Naumburg sprach sich ausdrücklich für Patina statt Hochglanz aus und stellte klar: „Schleifen und abziehen ist nicht fachgerecht in der Restaurierung!“ Auch plädierte die Dozentin dafür, die Funktionen von Antiquitäten beizubehalten: „Alte Möbel sind nun mal keine Hi-Fi-Türme ...“
 
Zum Abschluss wurden die von den Teilnehmern mitgebrachten Möbelstücke begutachtet, so dass sich die Dozentin auf den Praxisteil am zweiten Seminartag einstellen konnte. Dieser fand im Romröder DRK-Heim statt. Nach einer kurzen Einführungsphase gingen die Teilnehmer an die praktische Übung und hatten beim Schleifen einer furnierten Arbeitsplatte schon bald mit starker Staubbildung zu kämpfen. Unter fachkundiger Anleitung der Dozentin wurde anschließend der Schelllack aufgetragen.
 
Anhand von Arbeitsproben zeigte Frau Naumburg, wie man kleine Schäden an Möbeln ausbessern und beseitigen kann. Nach dem Mittagessen standen die von den Teilnehmern mitgebrachten Möbelstücke im Mittelpunkt. Jedes Stück wurde untersucht, Tipps zur Pflege des Möbels gegeben und teilweise ausgeführt.
 
Das nächste Möbelkundeseminar in Romrod findet am 25. und 26. September statt. Nähere Informationen und Anmeldeunterlagen gibt es bei der DenkmalAkademie unter 06636/9181918, per E-Mail unter info@denkmalakademie.de und auf der Website www.denkmalakademie.de.

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